Am Rande, denkst du, denkst du Sätze, die dich den-
ken. Du denkst, sie denken dich. In deinen Sätzen
bist du an ihrem Rand. Du bist eine Anrandung von
Sätzen, die dich an den Rand stoßen, Gegensätzen,
und auch an denen wandelst du entlang. Sätze, die
dich gegensätzlich denken, wandeln dich an und den-
ken Gegensätze, die du nicht denkst. An deinen Tat-
beständen kommst du nicht vorbei – es sind seltsame
Sätze. Du kannst an sie denken, sie denken nicht an
dich, sie denken dich seltsam am Rande, du bist ei-
ne Anwandlung von ihnen, die an Gegensätzen nicht
vorbeikommen. Am Rande der Sätze, in denen du bist,
liegst du noch ganz am Rand, wenn du darüber hinaus
denkst. Auch sie denken dich hinüber doch an ihren
Tatbeständen kommen sie nicht vorbei. Es sind nur
Sätze, die nur denken können. Du denkst, sie denken
dich, sie denken, du denkst sie, es ist eine Ver-
schwörung an den Sätzen, die dich nicht abwerfen
können, die du nicht abwerfen kannst, ein Inzest.
Am Rande des Denkens, solange du denkst, liegst du
in Sätzen an Sätzen, noch kann dich keiner über den
Rand verstoßen, den du nicht denkst, seltsam, du
bist nur in Sätzen in Sicherheit, die dich wiegt,
und nur in Sätzen in Freiheit, aber in welcher.
(Oskar Pastior: Wechselbalg. Gedichte 1977-1980. Verlag Klaus Ramm: Spenge 1980.